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Freie Wärme Newsletter
Ausgabe: Mai 2018

Die Themen im Überblick:

01. Politik gefordert: Aufbruch zur Wärmewende

Andreas Lücke (BDH) – Foto: BDH
10 Jahres-Entwicklung Heizungsmarkt

Der Modernisierungsstau in Deutschlands Heizungskellern hält an, der Wärmemarkt bleibt was die Energiewende betrifft weiter hinter seinen Möglichkeiten zurück. Rund 15 Prozent könnte der gesamtdeutsche Energieverbrauch gesenkt werden, wenn in allen Kellern nur noch moderne, effiziente Geräte stehen würden. Tatsächlich sind aber mehr als 13 Millionen der insgesamt knapp 21 Millionen Heizungsanlagen in Deutschland veraltet. Sie müssen dringend ausgetauscht werden.

Gutes Jahr der Heizungsindustrie im Neubaugeschäft

Zwar blickt die deutsche Heizungsindustrie mit einem Plus von drei Prozent auf ein erfolgreiches Jahr 2017 zurück. Diese positive Entwicklung ist aber ausschließlich auf das dynamische Neubaugeschäft zurückzuführen. Davon haben insbesondere die Wärmepumpen profitiert (+ 17 Prozent). „Die dringend notwendige Modernisierung der Altanlagen läuft dagegen nur stockend“, so Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Sollen die Klimaziele für 2030 erreicht werden, muss sich das in den nächsten Jahren dringend ändern. Aufgabe der neuen Bundesregierung ist jetzt, hierfür die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen.

Energiepolitische Strategien verbrauchernah umsetzen

Mit politischen Programmen, wie der Effizienzstrategie Gebäude oder dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) hat die alte Bundesregierung eine Basis gelegt, die nun ohne ideologische Scheuklappen technologieoffen und marktorientiert weiterentwickelt werden muss. Damit dies in den gegebenen Zeitfenstern und zu annehmbaren Bedingungen für die Verbraucher gelingt, sind aus Sicht der Branche folgende Aspekte für die Umsetzung zu beachten.

Technologieoffenheit

Um die CO2-Minderungspotenziale zu heben, werden alle verfügbaren Effizienztechnologien gebraucht. Neben Wärmepumpen, Brennstoffzellenheizungen, Biomassekesseln und hybriden Systemen gehört auch die hocheffiziente Brennwerttechnik dazu. Schließlich muss die Anlagentechnik bis zum Zieljahr 2050 noch zweimal erneuert werden. Mit einem Technologie-Mix (geea-Gebäudestudie) sind deutlich spürbare Reduzierungen der CO2-Emissionen verbrauchernah, wirtschaftlich und schnell realisierbar. Deshalb trifft die technologieoffene Ausgestaltung der Förderkulisse, wie sie im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, auf Zustimmung des BDH und der gesamten Branche.

Attraktive Anreize – Steuerliche Förderung


Zu begrüßen ist deshalb auch, dass die Brennwerttechnik förderfähig bleiben soll und dass sich die Koalitionäre zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung bekennen. „Der Dreiklang aus den bewährten Programmen der KfW, dem Marktanreizprogramm und steuerlichen Anreizen würde mehr Dynamik in die Gebäudesanierung bringen“, empfiehlt Andreas Lücke. Ein Bündnis aus führenden Verbänden und Organisationen hat bereits im Herbst letzten Jahres ein konkretes Steuermodell vorgeschlagen, das von BDH und ZVSHK maßgeblich mitgestaltet wurde. Das Modell schlägt für das selbst genutzte Wohneigentum einen Abzug von der Steuerschuld in Höhe von 30 Prozent der Investitionssumme verteilt über einen Zeitraum von drei Jahren vor. Die Gesamtlaufzeit des Programms sollte zehn Jahre betragen.

02. IWO: Brennwert-Kritik nicht nachvollziehbar und praxisfern

Adrian Willig – Foto: IWO

Stellungnahmen zum aktuellen BEE-Kurzgutachten


Die Ergebnisse eines im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) erstellten Gutachtens sind nicht nachvollziehbar und praxisfern. Dies unterstreicht Adrian Willig, Geschäftsführer des Instituts für Wärme und Oeltechnik (
IWO): „Bei der Heizungsmodernisierung mit Brennwerttechnik kann – entgegen der BEE-Behauptungen – der Energiebedarf durchaus um bis zu 30 Prozent reduziert werden.“

So zeigen Berechnungen, die das IWO auf Grundlage derselben Norm (DIN V 18599) wie die BEE-Gutachter vorgenommen hat, dass in einem typischen Einfamilienhaus allein durch den Austausch des alten Konstanttemperaturkessels durch ein Brennwertgerät bereits Einsparungen von 23 Prozent erzielt werden können. Durch weitere Maßnahmen – wie einem hydraulischen Abgleich sowie der Erneuerung von Thermostatventilen und Umwälzpumpe – sind in diesem Gebäude dann Einsparungen von insgesamt 30 Prozent machbar.

Aber auch gegenüber einem Niedertemperaturkessel sind die Einsparpotenziale durch eine neue Brennwertheizung beachtlich. Die im Rahmen des Gutachtens vorgenommene fiktive Trennung von reinem Kesseltausch und zusätzlichen Maßnahmen geht zudem vollkommen an der Praxis vorbei. Denn der Kesselaustausch ist fast immer der Auslöser, die genannten Anpassungsmaßnahmen ebenfalls durchzuführen. Des weiteren ist die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs zum Erhalt der staatlichen Förderung vorgeschrieben.

Stellungnahme des ITG Dresden


Laut einer Stellungnahme des ITG Dresden (www.itg-dresden.de) ergeben umfangreiche normative Berechnungen im [Modernisierungskompass 2017], bei denen von einer vergleichsweise alten Heizungsanlage ausgegangen wird (Mittelwert zwischen vorhandenem NT- und Standardkessel, Systemtemperaturen 80°C/60°C, nicht hydraulisch abgeglichen, unzureichend gedämmte Leitungen im Keller, alte Thermostatventile), folgende Endenergieeinsparungen:

  Maßnahme   EFH klein   EFH groß   MFH
  Brennwertkessel + Optimierung Gesamtsystem   33%   32%   28%
  Brennwertkessel + Optimierung Gesamtsystem + solare Trinkwassererwärmung   39%   38%   34%
  Brennwertkessel + Optimierung Gesamtsystem + solare Trinkwassererwärmung / Heizungsunterstützung   44%   41%   –


Tabelle 1: Endenergieeinsparung für Kesseltausch inkl. typischer weiterer Maßnahmen nach [Modernisierungskompass 2017]; Stellungnahme Energie- und CO2 -Einsparung beim Ersatz von Altkesseln durch Brennwertkessel, ITG Dresden, 29. März 2018


Meinungen – Förderung von Brennwertheizungen weiterhin wichtig


„Laut Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie (BDH) sind 13 Millionen Gas- und Ölheizungen in Deutschland veraltet“, erklärt Willig. „Dieses Modernisierungspotenzial gilt es dringend, zeitnah zu heben. Deshalb ist eine attraktive Förderung für Brennwerttechnik auch weiterhin sehr wichtig und sinnvoll.“

Für Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas, zählt jedes eingesparte Gramm CO2. „Anstatt wie der BEE bezahlbare und schnell wirkende Einsparmöglichkeiten zu verteufeln, sollten wir Hausbesitzer vielmehr animieren, selbst etwas für den Schutz des Klimas zu tun.“ (IKZ 08/2018)

Frank Ebisch
, Bereichsleiter Kommunikation & Strategie, beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Es muss Ziel der gesamten Branche sein, gemeinsam darauf hinzuarbeiten, dass die Sanierungsquote in den Heizungskellern steigt. Es geht darum, die Anlagen jetzt effizienter zu machen und nicht darauf zu hoffen, dass sich bis 2030 alles von selbst geregelt hat. Zudem zieht ein Kesseltausch in der Regel weitere wirksame Effizienzmaßnahmen nach sich.“ (IKZ 08/2018)

Klimaneutrale Perspektive durch neue Brennstoffe


Bestehende Heizungen mit Brennwerttechnik zu modernisieren, ist auch deshalb sinnvoll, weil darauf weitere Klimaschutzmaßnahmen aufbauen können. Das betrifft die Einbindung erneuerbarer Energien sowie perspektivisch den Einsatz neuer, treibhausgasreduzierter Brennstoffe wie Power-to-Liquid oder Power-to-Gas. Brennwertheizungen haben damit langfristig eine klimaneutrale Perspektive. Insofern gibt es auch keine Lock-In-Effekte. 

03. Marktwächter Energie untersucht den Fernwärmemarkt und bittet Fernwärmekunden um Mithilfe

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Transparente Preisgestaltung, nachvollziehbare Kennzeichnung der Brennstoffe, den Anbieter wechseln – wer mit Fernwärme heizt, kann davon nur träumen, heißt es in einer Pressemeldung von Marktwächter Energie.
Noch immer verfügen die Betreiber von Fernwärmenetzen in der Regel über eine unregulierte Monopolstellung. Das Nachsehen haben die Verbraucherinnen und Verbraucher, die intransparente Geschäftspraktiken und sehr lange Vertragslaufzeiten hinnehmen müssen. Der Marktwächter Energie nimmt diesen Markt jetzt genau unter die Lupe und bittet Fernwärmekunden um Mithilfe – sie sollen Vertragsanpassungen und Preisänderungen online melden.

Kein ausreichender Verbraucherschutz

Für die Kundinnen und Kunden ist ein Fernwärmeanschluss oft alternativlos. Der Wechsel des Heizsystems scheitert an baulichen Gegebenheiten, hohen Kosten oder dem Anschlusszwang. Gleichzeitig gibt es – anders als im Strom- und Gasmarkt bislang keine ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen, die den Verbraucher schützen, wie zum Beispiel eine zufriedenstellende Pflicht zur Transparenz oder eine wirksame kartellrechtliche Preiskontrolle.

Fehlende Regulierungen plus lange Vertragslaufzeiten

Die fehlende Regulierung bedeutet für die Kunden häufig unverständliche Abrechnungen und eine schwer zu durchschauende Zusammensetzung der Preise aus verschiedenen Komponenten. Zusätzlich sind lange Vertragslaufzeiten von regelmäßig zehn, vielfach auch von fünfzehn oder zwanzig Jahren keine Seltenheit. Da Fernwärmeversorger eine marktbeherrschende Stellung innehaben, verfügen sie über weite Preissetzungsspielräume, die sich zulasten der Energieverbraucher auswirken können. Das Bundeskartellamt spricht in diesem Zusammenhang in einer Pressemitteilung vom von „gefangenen Kunden“.

Preisanpassungen und Vertragsänderungen unter der Lupe

Der Marktwächter Energie, ein Gemeinschaftsprojekt der Verbraucherzentralen und des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), rückt das Thema jetzt in den Blickpunkt. Dafür wird Unterstützung benötigt. Fernwärmekunden werden gebeten ihre Erfahrungen mitzuteilen. Mit einer umfassenden, bundesweiten Erhebung sollen nun Vertragsanpassungen und Preisänderungen aus Verbrauchersicht untersucht werden. Sind Preisanpassungen verständlich formuliert und wie werden sie angekündigt? Gibt es Missstände in der Preisgestaltung der Fernwärme oder im Kundenkontakt mit dem Fernwärmeanbieter? Mit den Ergebnissen dieser Untersuchung sollen Verbraucher umfassend informiert und sensibilisiert sowie eventuelle Regelungslücken identifiziert werden. Ziel ist es, die Verbraucherrechte im Fernwärmemarkt langfristig zu stärken.

Verbraucher können wie folgt mithelfen:

Fernwärmekunden, die in einem Mietverhältnis stehen und deren Verträge von Seiten des Unternehmens geändert wurden oder deren Preise in den letzten drei Jahren angepasst wurden, sind nun aufgerufen, dem Marktwächter Energie ihren Fall zu schildern. Verbraucher können sich online an der Befragung beteiligen und ihre Fallbeschreibung einsenden. Betroffene können ihre Beschwerden zum Thema auch per Post oder Fax einreichen – bitte immer unter Angabe der Telefonnummer oder E-Mail-Adresse für etwaige Rückfragen.


04. Preissenkungen bei sieben Versorgern in 70 Netzgebieten

Fotoquelle: Fotolia

Landeskartellbehörde beendet Sektoruntersuchung Fernwärme


Die Landeskartellbehörde beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hat die „Sektoruntersuchung Fernwärmemarkt" abgeschlossen. In Folge der Untersuchung haben sieben Fernwärmeversorger ihre Preise erheblich gesenkt. Dies wurde in einer Pressemitteilung der Behörde mitgeteilt.


Die Behörde hat im Zeitraum von 2013 bis 2016 die Preisstrukturen von 27 Fernwärmeversorgern in 143 Netzgebieten untersucht. Sieben Fernwärmeversorger, die im Verdacht standen, missbräuchlich überhöhte Preise von ihren Kunden zu verlangen, wurden von der Kartellbehörde aufgefordert, die Höhe ihrer Preise zu rechtfertigen.

Im Ergebnis wurde gegen drei Versorger der Missbrauchsverdacht fallen gelassen, weil sie ihre Preise im Laufe der Untersuchung gesenkt haben.

Gegen vier Fernwärmeversorger sind Kartellverwaltungsverfahren wegen des Forderns missbräuchlich überhöhter Fernwärmepreise eingeleitet worden. Diese haben sich nach intensiven Verhandlungen ebenfalls verpflichtet, Preissenkungen und Rückerstattungen vorzunehmen. Auf dieser Basis wurden alle vier Verfahren im Rahmen von Verpflichtungszusagen per Verfügung beendet.

05. Aktuelle Fälle

Biberach – Fotoquelle: Fotolia

Schwäbische Zeitung:
Nahwärme – Gericht kippt Anschlusszwang für Häuslebauer


Die Stadt Biberach kann Bauherren im neuen Wohngebiet Hochvogelstraße nicht zwingen, ihre Gebäude an das Nahwärmenetz des Energieversorgers Ewa Riss anzuschließen, das dort verlegt ist. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen in einem inzwischen rechtskräftigen Urteil entschieden. Dies berichtet die Schwäbische Zeitung am 14. Mai 2018 in ihrer Online-Ausgabe. Eine Bauherrin hatte mit Unterstützung u. a. der Allianz Freie Wärme, koordiniert von Dr. Jörg Lenk, Uniti Umweltbeauftragter, gegen die entsprechende Satzung der Stadt Biberach geklagt.

Das Erdwärmenetz, das seit knapp zwei Jahren in Betrieb ist, funktioniert nach dem Prinzip der sogenannten kalten Nahwärme. Diese Bezeichnung bezieht sich auf das niedrige Temperaturniveau des Wasser-Glykol-Gemischs (nur sechs bis zwölf Grad Celsius), mit dem die Häuser geheizt, im Sommer aber auch gekühlt werden können. In einer Wiese neben dem Baugebiet versorgen 35 Erdsonden aus 200 Metern Tiefe das Netz mit Wärme.


Laut Stadt und Ewa Riss, so die Zeitung, ist die erzeugte Energie zu 100 Prozent ökologisch. Damit sich die Investition von rund einer Million Euro aber auch rechnet, hatte die Stadt zusammen mit dem Bebauungsplan 2014 eine Satzung erlassen, die den Anschlusszwang für Bauherren an das Nahwärmenetz formulierte. Die Möglichkeit einer Befreiung ist darin zwar genannt – welche genauen Voraussetzungen dafür erforderlich sind, wird jedoch nicht näher ausgeführt.

Obwohl die Käufer der Grundstücke aus Sicht der Stadtverwaltung von Anfang an über das Nahwärmenetz und den Anschlusszwang informiert waren, artikulierten in der Folge einzelnen Bauherren mehrfach ihren Unmut. Die Kosten seien vergleichsweise hoch, die Nutzungsdauer des Nahwärmefelds nicht ausreichend geklärt, lautete die Kritik.

06. Aktuelle Verbote

Verbrennungsverbote

Zurzeit gibt es in deutschen Städten und Kommunen über 1.200 Verbrennungsverbote und Anschlusszwänge. Wenn Sie sich gegen Verbrennungsverbote, Anschluss- sowie Benutzungszwänge rechtzeitig wehren möchten, so finden Sie hier im Internet entsprechende Tipps und Hinweise worauf Sie zum Beispiel ganz besonders achten müssen.

Fallen Ihnen Planungsvorhaben zu Verbrennungsverboten und Anschlusszwängen auf, dann schreiben Sie uns gerne unter Nutzung des Meldeformulars im Freie Wärme-Radar. Die Anmeldung ist ganz einfach. Wir nehmen dann mit Ihnen Kontakt auf.

07. Termine

Termine

Intersolar Europe
20. bis 22. Juni 2018, München
www.intersolar.de

interCOGEN
27. bis 28. Juni 2018, Karlsruhe
http://www.intercogen.de/de/home-page/

UNITI: HEAT - Der Kongress für mobile und speicherbare Wärme
05. November 2018
http://www.uniti.de/veranstaltungen

GET NORD 2018
22. bis 24. November 2018
www.get-nord.de

ISH 2019
11. bis 15. März 2019, Frankfurt am Main
Weltleitmesse ISH 2019