Kalte Nahwärme – Wärmenetze der 5. Generation

Fachartikel: "Wärmenetze der 5. Generation"
21 Seiten | DIN A4 | 1.4 MB | Quelle: Allianz Freie Wärme

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Die Energiekosten steigen rasant. Städte, Gemeinden, Bauherren sowie Haus- und Wohnungsbesitzer überlegen und vergleichen, mit welchem Heizsystem sich Energieverbrauch, Ausgaben sowie CO2-Emissionen spürbar und schnell reduzieren lassen. Für Neubaugebiete wird dann oft das Konzept des "Kalten Nahwärmenetzes" als Königsweg einer umweltfreundlichen, zentralen Energieversorgung gepriesen. Aber Vorsicht: Man sollte genau hinschauen und die Möglichkeiten, klimafreundlich und energieeffizient zu heizen vergleichen. Und: Immer mehr Haushalte können aufgrund von kommunalen Vorgaben gar nicht mehr frei über ihre Heizungstechnik und damit auch über die Art des bevorzugten Energieträgers entscheiden. Sie sind stattdessen an zentrale Wärmenetze und -verträge langfristig gebunden. Zu diesen Konzepten zählt nämlich auch die "Kalte Nahwärme" – mit allen Vor- und Nachteilen.

Was ist "Kalte Nahwärme"?

So funktioniert es: Rund 100 Meter tief unter der Erdoberfläche herrscht ganzjährig eine Temperatur von etwa zehn bis zwölf Grad Celsius. Die Kalte Nahwärme nutzt diese konstante, niedrige Temperatur, fördert sie über Erdsonden (Sole) und und transportiert sie über ein mit Strom betriebenes Pumpensystem unterirdisch per Ringleitung zu den einzelnen Häusern. Die Abnahmestelle im Gebäude dockt an diese Ringleitung an, eine elektrische Wärmepumpe hebt die Sole auf die gewünschte Temperatur zum Heizen. Trink- und Brauchwasser müssen i. d. R. separat erwärmt werden.

Prof. Joachim Seifert und Dr. Paul Seidel von der TU Dresden haben die Vor- und Nachteile des Konzepts untersucht (s. auch Fachartikel zum Download). Demnach ist das System eher nicht geeignet, wenn das zu versorgende Gebiet eine hohe Wärmebedarfsdichte aufweist, die nicht vollständig aus regenerativen Quellen gedeckt werden kann, oder wenn die Einbindung von erneuerbaren Energien nicht oder nur schwer möglich ist. So sind Kalte Nahwärmenetze aufgrund höherer Investitionskosten für die Wärmeerzeugung aus dem Erdreich und für die erforderliche Technik in Gebäuden nicht automatisch die Königslösung. Man sollte das Konzept daher stets im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit mit sofort klimafreundlichen, individuellen Heizungs- und Ofenlösungen vergleichen.

Kalte Nahwärme – Was hierbei zu beachten ist:

Kalte Nahwärme kann für Neubaugebiete eine Lösungsmöglichkeit sein, aber:

  • über die Anschlussdichte muss dennoch die Wirtschaftlichkeit gegeben sein (für Wärmenetz und Wärmekunden)
  • wenn die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, drohen Anschluss-, Benutzungszwang und Verbrennungsverbote
  • es besteht Abhängigkeit von einem Wärmenetz-Anbieter (Monopol)
  • sie wird grundsätzlich als System und in den Gebäuden mit Strom betrieben
  • in der Regel entstehen hohe Investitions-/Technikkosten (Hydraulik, Pumpen, zus. Wassererwärmung)
  • in den Wohngebäuden ist ein zusätzliches, sekundäres Heizsystem notwendig
  • das Temperaturniveau ist für die Trinkwarmwasserbereitung nicht ausreichend 
  • kein Legionellenschutz,  unter Umständen höherer Energieverbrauch für Trinkwasserbereitung

Von der Kommune angebotene Netzanschlüsse genau prüfen

Wenn von der Kommune ein Wärmenetzanschluss angeboten wird, dann sollte man diese Verträge genau prüfen und nicht unbesehen unterschreiben. Ist der Vertrag erst einmal unterzeichnet, dann muss der Kunde die Vertragsinhalte wie Laufzeiten und Preise lange Zeit akzeptieren. In der Regel können die Verträge nicht gekündigt werden. Und: Von Einkaufs- und Bevorratungsvorteilen oder staatlichen Förderungen der individuellen Heizungssysteme kann man ebenso nicht mehr profitieren. Mit einer dezentralen Lösung hingegen können Haushalte vergleichsweise schnell auf flexible, effiziente Heizungs- und Ofentechniken unter Einbindung vielfältig kombinierbarer Energien wie Holz, Bio- beziehungsweise synthetische Brennstoffe und Sonne setzen.