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Sonderausgabe: Dezember 2013

01. "Teuerste Nahwärme Deutschlands?"

Kleingemünd Nahwärme
Johannes Kaindlstorfer - Sprecher der Allianz Freie Wärme

"Fehlende oder realitätsfremde Plandaten bei der Konzeption der kommunalen Wärmeversorgung mit Nah- oder Fernwärme führen oft zu unerwarteten und erhöhten Kosten. Gerade dann, wenn die Abgabemengen bei immer niedrigeren Energieverbräuchen der Gebäude auf die Gesamtkosten umgelegt werden sollen", sagt Johannes Kaindlstorfer, Sprecher der Allianz Freie Wärme.

Eintrag 1: Bereits in über 1.000 deutschen Städten und Gemeinden ist die freie Wahl der Wärmeerzeugung für Bauherren und Hausbesitzer extrem eingeschränkt worden beziehungsweise nicht mehr möglich. Tendenz steigend. Von den Kommunen wurden vornehmlich in Neubaugebieten aber auch bei Modernisierungsprojekten so genannte „Verbrennungsverbote“ für Heizungsanlagen verhängt und entsprechende „Anschlusszwänge“ an Nah- und Fernwärmenetze ausgesprochen. Konkret heißt dies für Bauherren, Hausbesitzer und Bewohner, dass sie die eigene Heizungstechnik und die Energieträger (Öl, Gas, Strom, Holzpellets, Sonnenenergie) nicht mehr wählen dürfen, sondern in den meisten Fällen an langfristige Lieferverträge mit den Energieversorgern gebunden sind.

Mit dem Vorwurf "teuerste Nahwärme von Deutschland" zu sein, sorgt eine Gemeinde bei Heidelberg (Baden-Württemberg) für Schlagzeilen. Im Kleingemünder Neubaugebiet, einem Ortsteil der Stadt Neckargemünd, wurden laut Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) die Heizkosten richtig teuer. Ursprünglich sollte die vor Ort gemäß Wärmesatzung und Anschlusszwang zu verwendende Nahwärme „umweltfreundlich, bequem, sicher, und nachhaltig, platz- und zeitsparend sein“ – schreibt das Blatt auf Basis der Stadtwerke-Informationen. Doch für einige Familien entwickelten sich die vermeintlichen Vorteile des Heizwerks immer mehr zu einem finanziellen Ärgernis. So erhielt eine junge Familie, die dort vor 14 Monaten ein Niedrigenergiehaus baute, die Jahresabrechnung von den Stadtwerken und staunte beim Blick auf die Zahlen nicht schlecht. 1.300 € entstanden für Heizung und Warmwasser, davon 700 € – mehr als die Hälfte – für die Grundgebühr. Nach Angaben des Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH) lägen die jährlichen Betriebskosten für eine dezentrale Lösung, etwa eine Gas-Brennwertanlage, ausgehend von 12.000 KW/h pro Jahr bei deutlich unter 1.000 €. "Leider ist dies kein Einzelfall", sagt Johannes Kaindlstorfer, Sprecher der Allianz Freie Wärme (AFW), "weil Nah- und Fernwärmenetze oft an der Realität vorbei ohne genaue Bedarfsplanung und Kosten-Nutzen-Vergleich gebaut werden. Durch von der Politik geforderte, immer niedrigere Energieverbräuche in Gebäuden macht die Umlage der Gesamtkosten von Nah- und Fernwärme zunehmend keinen Sinn."

Wie es zu diesen Mehrkosten kam ist den Hausbesitzern unklar. Trotz einer Aufforderung durch die betroffene Familie, die Kosten transparent zu machen, lehnten das die Stadtwerke ab. Stattdessen hieß es, man erziele keinen Gewinn, sondern eher Verluste, eine Quersubventionierung sei also ausgeschlossen. Allerdings wäre die Bebauung mit einem noch in der Planung befindlichen Pflegeheim auch noch nicht komplett abgeschlossen und je mehr Häuser ans Netz gingen, desto rentabler würde das Heizwerk werden. Das Langzeitärgernis für die Bewohner bleibt wohl trotz aller Kritik bestehen, denn die Senkung der Endverbraucherpreise ist wohl erst einmal ausgeschlossen, weil diese offenbar schon auf Basis der Endsituation mit voller Auslastung kalkuliert sind. Und ein Anbieterwechsel ist für die Bewohner des Baugebiets nicht möglich. Hinweise der Hausbesitzer im Vorfeld, dass das Heizwerk viel zu groß sei, wurden offensichtlich nicht berücksichtigt.

Die Kommunalpolitik scheint indes ob der derzeitigen Lage ratlos zu sein. Nach Aussage eines Anwohners, habe man sich in Ermangelung eines Erdgasinvestors, der den Bau zu vieler Niedrigenergiehäuser befürchtete, für das Nahwärmekonzept auf Basis erneuerbarer Energien entschieden. Im Grunde war man somit gewarnt. Doch spricht man jetzt von einem „Teufelskreis“. So sei es auch ein Fehler gewesen, Kaminöfen im Neubaugebiet zu erlauben, wodurch nun die Effizienz des Heizwerks nicht zu erreichen wäre. Einige Bewohner würden jetzt mehr Holz verbrennen, um die teuren Heizkosten der Stadtwerke einsparen zu können.

Doch mit Verbrennungsverboten zu agieren ist der falsche Ansatz, wenn es um die wirtschaftlichsten Lösungen geht, ist sich AFW-Sprecher Johannes Kaindlstorfer sicher: „Nach einer Studie der Ostfalia-Hochschule Wolfenbüttel, im Mai 2011, werden Wärmenetze mit sinkendem Energieverbrauch durch energetische Gebäudesanierungen in Neubauten oder im Gebäudebestand zunehmend unattraktiver. Zumal die Endverbraucher grundsätzlich eine Vorliebe für moderne, individuelle Heizungstechniken oder Kamin- bzw. Kachelöfen haben, um davon mehrfach zu profitieren. Einerseits mit geringerem Energieverbrauch und andererseits mit höherem Wohlfühlfaktor.“ Stattdessen müssen wohl nun die Bewohner des Neubaugebiets und die Bürger der Stadt Neckargemünd die offenbar schwierigen Planungen und vermeintlich gemachten Fehler mit all den finanziellen Folgen ausbaden. Mit sorgenvoller Miene schaut man in die nahe Zukunft. Denn im Januar kommt die nächste Heizkostenabrechnung.

02. Stein des Anstoßes: Das unrentable Heizwerk

Nahwärme Kleingemünd
Rhein-Neckar-Zeitung / Foto: Alex

Obwohl im Kleingemünder Neubaugebiet Passiv- und Niedrigenergiehäuser geplant waren bzw. gebaut wurden, ging das Nahwärmenetz laut Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung im Oktober 2010 in Betrieb. Zunächst wurden die Häuser noch von einem mobilen Erdgasheizwerk an der nahegelegenen Bundesstraße mit Heizwärme und Warmwasser versorgt. Im Spätsommer 2012 wurde dann das vorgesehene, mit Pellets versorgte Heizwerk, gestartet. Der Kessel hat zur Abdeckung der Grundlast eine Leistung von 400 Kilowatt (Spitzenlastdeckung mit 800 Kilowatt-Gaskessel). Als ökologisch und ökonomisch am Sinnvollsten erachtet, wurde der Betrieb mit Holzpellets entschieden. Vor allem um gegenüber Erdgas den CO2-Ausstoß um etwa 327 Tonnen im Jahr zu reduzieren, so die Stadtwerke. Über eine Million Euro wurden in das Wärmenetz mit Heizwerk investiert.

03. Studie belegt Unrentabilität zentraler Wärmenetze

Kleingemünd Ortsbild
Rhein-Neckar-Zeitung / Foto: Alex

Energetische Sanierungen machen Fernwärme unrentabel. Mit sinkendem Energieverbrauch durch energetische Gebäudesanierungen in Neubauten oder im Gebäudebestand sind Wärmenetze zunehmend unattraktiver. Denn für die Wirtschaftlichkeit eines Wärmenetzes ist der Wärmebedarf der zu versorgenden Gebäude entscheidend. Zu ihrer Bewertung sind korrekte Endenergiebilanzen unerlässlich. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung an der Ostfalia-Hochschule Wolfenbüttel, im Mai 2011 veröffentlicht von Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff und Dr.-Ing. Kati Jagnow. Analysiert wurde neben der Wirtschaftlichkeit auch der ökologische und energetische Nutzen von Nah- und Fernwärmenetzen in unterschiedlich strukturierten Wohngebieten. Die Untersuchungsergebnisse stellen energiepolitische Pläne zu einem pauschalen Ausbau des Fernwärmenetzes in der Bundesrepublik Deutschland in vielerlei Hinsicht in Frage.
Hier geht es zu den Ergebnissen und zur Studie...

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