„Teuerste Nahwärme Deutschlands?“

• Nahwärme-Heizwerk in Neckargemünd (BW) entpuppte sich als Kostenfalle • Zwangsvorgaben schaffen Nachteile für Kommunen, Betreiber und Verbraucher


Frankfurt, 20.01.2014
– Wenn es um die wirtschaftlichsten Lösungen der Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden geht, sind Verbrennungsverbote und Anschlusszwänge immer öfter der falsche Ansatz. Nach einer Studie der Ostfalia-Hochschule Wolfenbüttel1, werden Wärmenetze mit sinkendem Energieverbrauch durch energetische Gebäudesanierungen in Neubauten oder im Gebäudebestand zunehmend unattraktiver. Zumal die Endverbraucher grundsätzlich eine Vorliebe für moderne, individuelle Heizungstechniken oder Kamin- bzw. Kachelöfen haben. Im baden-württembergischen Neckargemünd setzten die Stadtwerke im Jahr 2010 ein Nahwärmenetz in Betrieb, das sich für Anwohner und Betreiber zur Kostenfalle entwickelte.

In der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) sorgte das Kleingemünder Neubaugebiet, ein Ortsteil der Stadt Neckargemünd, im vergangenen November unter der Schlagzeile „teuerste Nahwärme Deutschlands?“ für Aufsehen. Nach Angaben von Anwohnern wurden die Heizkosten richtig teuer. Ursprünglich sollte die vor Ort gemäß Wärmesatzung und Anschlusszwang zu verwendende Nahwärme „umweltfreundlich, bequem, sicher, und nachhaltig, platz- und zeitsparend sein“ – schreibt das Blatt auf Basis der Stadtwerke- Informationen. Doch für einige Familien entwickelten sich die vermeintlichen Vorteile des Heizwerks immer mehr zu einem finanziellen Ärgernis. So erhielt eine junge Familie, die dort vor 14 Monaten ein Niedrigenergiehaus baute, die Jahresabrechnung von den Stadtwerken und staunte beim Blick auf die Zahlen nicht schlecht. 1.300 € entstanden für Heizung und Warmwasser, davon 700 € – mehr als die Hälfte – für die Grundgebühr. Nach Angaben des Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH) lägen die jährlichen Betriebskosten für eine dezentrale Lösung, etwa eine Gas-Brennwertanlage, ausgehend von 12.000 KW/h pro Jahr bei deutlich unter 1.000 €.

"Leider ist dies kein Einzelfall", sagt Johannes Kaindlstorfer, Sprecher der Allianz Freie Wärme (AFW), "weil Nah- und Fernwärmenetze oft an der Realität vorbei ohne genaue Bedarfsplanung und Kosten-Nutzen-Vergleich gebaut werden. Durch immer niedrigere Energieverbräuche in Gebäuden macht die Umlage der Gesamtkosten von Nah- und Fernwärme jedoch zunehmend keinen Sinn."

1Untersuchung von Nah- und Fernwärmenetzen, Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff, Dr.-Ing. Kati Jagnow, 15. Mai 2011

 "Untersuchung von Nah- und Fernwärmenetzen" als PDF downloaden

Wie es zu diesen Mehrkosten kam ist den Hausbesitzern unklar. Trotz einer Aufforderung durch die betroffene Familie, die Kosten transparent zu machen, lehnten das die Stadtwerke ab. Stattdessen hieß es, man erziele keinen Gewinn, sondern eher Verluste, eine Quersubventionierung sei also ausgeschlossen. Allerdings wäre die Bebauung mit einem noch in der Planung befindlichen Pflegeheim auch noch nicht komplett abgeschlossen und je mehr Häuser ans Netz gingen, desto rentabler würde das Heizwerk werden. Das Langzeitärgernis für die Bewohner bleibt wohl trotz aller Kritik bestehen, denn die Senkung der Endverbraucherpreise ist wohl erst einmal ausgeschlossen, weil diese offenbar schon auf Basis der Endsituation mit voller Auslastung kalkuliert sind. Und ein Anbieterwechsel ist für die Bewohner des Baugebiets nicht möglich. Hinweise der Hausbesitzer im Vorfeld, dass das Heizwerk viel zu groß sei, wurden offensichtlich nicht berücksichtigt.

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Über die Allianz Freie Wärme:
Die Allianz Freie Wärme ist ein Zusammenschluss von Initiativen, Unternehmen und Verbänden aus den Bereichen Heizen und Wärme. Die Akteure setzen sich zum Beispiel unter www.freie-waerme.de für individuelle Heizsysteme ein und das Recht der Verbraucher, sich unabhängig und frei für das optimale Heizsystem zu entscheiden. Hierzu gehören Öl- und Gasheizungen ebenso wie Holz- und Pellet-Systeme, Wärmepumpen, KWK-Systeme, Kamine und Solarwärmeanlagen. Damit ist Freie Wärme das Gegenteil von zentralistischen Nah- und Fernwärmesystemen, die durch Politik und Industrie unter anderem über Anschlusszwänge und Verbrennungsverbote forciert werden und den Verbrauchern die Wahl der Wärmequelle nehmen.

Pressekontakt:
Freie Wärme-Pressestelle
Jürgen Bähr
presse(at)freie-waerme(dot)de

  

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