Fernwärme ohne Massentauglichkeit

Studie belegt eingeschränkte Wirtschaftlichkeit zentraler Wärmesysteme. Nah- und Fernwärme sind nicht automatisch die beste Lösung, wenn es um eine wirtschaftliche, klima- und ressourcenschonende Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden geht. Dies verdeutlicht die im September 2016 vorgestellte, vergleichende wissenschaftliche Studie „Dezentrale vs. zentrale Wärmeversorgung im deutschen Wärmemarkt“.


Frankfurt am Main, 29.11.2016 –
Nah- und Fernwärme sind nicht automatisch die beste Lösung, wenn es um eine wirtschaftliche, klima- und ressourcenschonende Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden geht. Dies verdeutlicht die im September 2016 vorgestellte, vergleichende wissenschaftliche Studie „Dezentrale vs. zentrale Wärmeversorgung im deutschen Wärmemarkt“. Demnach muss man die Nah- bzw. Fernwärme und die individuelle Wärmeversorgung von verschiedenen Seiten vergleichen und betrachten. Denn bei der Frage, welche Vor- und Nachteile die beiden Systeme haben, gibt es beispielsweise die energetische, ökologische und die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise.

Massentauglichkeit von Fernwärme steht in Frage

So wurde unter anderem festgestellt, dass es sehr wohl Fälle geben kann, in denen Nah- und Fernwärme zum Beispiel aus ökologischer Sicht sinnvoll sind. Etwa wenn erneuerbare Energien per Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) oder industrieller Abwärme eingesetzt werden. Doch eine Massentauglichkeit, ein Weg für alle Bürger, lässt sich hierdurch nicht ableiten. Denn in vielen Fällen liegen diese Bedingungen nicht vor oder es ist auch gar nicht die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Wärmeabnahmedichte vorhanden. Dies wird dann meistens durch lange Vertragslaufzeiten von über 10 Jahren und mit Anschluss-, Benutzungszwängen sowie Verbrennungsverboten kompensiert. Die Wärmeabnehmer haben dann selten die Möglichkeit einer Kündigung des Wärmeliefervertrags oder Alternativen. „Die monopolistischen Marktstrukturen der Fernwärme gestalten die Wärmeversorgung für Verbraucher nicht nur intransparent, sondern auch spürbar teurer“, kommentiert Johannes Kaindlstorfer, Sprecher der Allianz Freie Wärme, die aufgrund aktueller Praxisbeispiele nicht ganz unerwarteten Studienergebnisse.

Individuelle Wärmeversorgung weist energetische Vorteile aus

„In den meisten untersuchten Fällen weist die individuelle, dezentrale Wärmeversorgung gegenüber der zentralen Wärmeversorgung wegen des tendenziell geringeren Energieverbrauchs primärenergetische Vorteile aus“, sagt Prof. Dr.-Ing. Bert Oschatz, ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden. Dies trifft vor allem auf Wohngebiete mit sanierten Gebäuden und auf Neubaugebiete zu, in denen grundsätzlich ein geringerer Energiebedarf besteht. „Eine Sanierung mit dezentralen Heizungssystemen bietet in allen untersuchten Gebäudevarianten und Versorgungsgebieten wirtschaftliche Vorteile gegenüber einer Sanierung mit zentralen, wärmenetzgebundenen Versorgungssystemen“, so Oschatz.

Ordentliche Renditen nach einer Heizungsmodernisierung

Für Prof. Dr. Andreas Pfnür, Technische Universität Darmstadt, führt die dezentrale Modernisierung des Wärmesystems aus Sicht des baulichen Planers, des Selbstnutzers und des Mieters sowohl im Durchschnitt als auch in der weit überwiegenden Anzahl an Anwendungsfällen zu eindeutig niedrigeren Wärmekosten als die zentrale Wärmeversorgung. Hier bestätigen die Ergebnisse die Studien des Kartellamts und des Verbraucherschutzes. „Bei unsanierten Bestandsgebäuden können Selbstnutzer nach einer Heizungsmodernisierung von recht ordentlichen Renditen profitieren, was bei Mietern wiederum zu niedrigeren Wärmekosten als im Status quo führt“, so Pfnür. Im Falle eines zu sanierenden Einfamilienhauses wäre beispielsweise eine durchschnittliche Einzelheizung gegenüber der Fernwärme über einen 20-Jahres-Zeitraum um 14.757 Euro günstiger. Beim Anschluss an die Fernwärme würden sich die Wärmekosten für die Nutzer gegenüber dem Status quo in der Regel erhöhen.

Zur Studie „Dezentrale vs. zentrale Wärmeversorgung im deutschen Wärmemarkt“

Die Studie wurde im Auftrag verschiedener Institutionen und Verbände des deutschen Wärmemarkts von wissenschaftlichen Teams des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung (ITG), um Prof. Dr. Bert Oschatz, und vom Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre der TU Darmstadt, unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Pfnür, erstellt. Sie steht im Internet beispielsweise mit einer Zusammenfassung unter www.freie-waerme.de zum kostenfreien Download zur Verfügung. Bei den Berechnungen hat man sich ausschließlich auf allgemein anerkannte, zum Beispiel normative Datengrundlagen und Methoden gestützt, die auch von anderen Teilnehmern im Wissenschaftsprozess, sowie von Architekten und Energieberatern verwendet werden.


Pressestelle „Allianz Freie Wärme“

Jürgen Bähr

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